Gebäude aus Hanfkalk
Die Anfänge des Hanfkalks sind der Restaurierung historischer Fachwerkhäuser in Frankreich während der frühen 90er Jahre zuzuschreiben. Hanf in Verbindung mit kalkhaltigen Bindemitteln wurde als natürlicher Ersatz für Lehmausfachungen sehr geschätzt. Verarbeiter und Architekten wie beispielsweise Charles Rasetti, Bernard Boyeux, Francis Aujames und Yves Kühn begannen mit den Hanf-Verbundstoffen zu experimentieren und sie für neue Konstruktionen und Anwendungen in Alt- und Neubau erfolgreich weiterzuentwickeln. (z.B. Dämmung für Boden und Dach).
Maison de l'Habitat, Clermont-Ferrand, Frankreich
Mittlerweile geht die Zahl der Wohn- und Nichtwohngebäude, in denen Hanfkalk verbaut wurde allein in Frankreich in die Hunderte. Dazu zählt auch das 7-geschossiges Bürogebäude, das 2005 eröffnete und unter einem Dach verschiedene Strukturen beherbergt, die sich auf Information und Beratung in den Bereichen Wohnen, Architektur, Stadtplanung und Energie spezialisiert haben. Neben Massivholz-Aufbauten und Holzböden, sind hier 500 m2 Einzelwände aus 30 cm dicken Hanfkalk-Blöcken in der Fassade und den Innenwänden verbaut worden. Blauregen und Geisblatt verschatten die Südfassade und bieten bei heißem Wetter wirksamen Schutz.
Reihenhäuser Haverhill, Suffolk, GB
Das experimentelle Bauprojekt wurde ins Leben gerufen und durchgeführt von der Suffolk Housing Society mit der Unterstützung der Housing Cooperation und St Edmundsbury Borough Council. Hoher Innovationsdruck und großes Interesse an nachhaltigen Bauweisen brachte mehrere Parteien zusammen.
Ziel: Ein Vergleich zwischen Hanfkalkgebäuden und zwei Gebäuden in traditioneller Bauweise aus Mauerwerk
Die Häuser sind Teil eines größeren 1,5 Millionen Pfund Wohnungsbauprojektes bestehend aus 18 Gebäuden. BRE (Building Research Establishment) erfasste Daten der vier Gebäude und begleitete das Projekt wissenschaftlich über einen Zeitraum von zehn Jahren. Neben thermografischen Untersuchungen wurden u.a. die konstruktiven und akustische Eigenschaften, die Luft- und Dampfdurchlässigkeit, die Dauerhaftigkeit und die Baukosten erfasst.
Wie der Final Report on the Construction of the Hemp Houses at Haverhill von 2002 ausführlich beschreibt, sind die Eigenschaften der Hanfkalkgebäude qualitativ vergleichbar mit denen der traditionellen Bauweise mit Mauerwerk. Beispielsweise liegt der Heizölverbrauch der Hanfkalkgebäude nicht über dem der Zwillingshäuser mit zweischaligen Außenwänden (Hohlraum mit 100mm Dämmung aus Steinwolle). Und beide Bauweisen bieten gleichermaßen Schutz gegen das Eindringen von Wasser, wobei bei den Hanfkalkgebäuden weniger Kondensat auftritt.
Adnams Brewery, Suffolk, GB 2006
Bauherr und Ingenieure Michael Beare verzichteten auf Stahl und Aluminium sowie Sandwich-Paneele mit synthetischer Wärmedämmung für die geplante Lagerhalle. Stattdessen entschieden sie sich für eine Hohlkammerwand aus 100.000 luftgetrockneten, hoch verdichteten Tradical Hanfkalk-Blöcken mit einer Füllung aus gering verdichtetem Hanfkalk.
Diese 15m hohen Außenwände liegen zwischen Stahlstützen, wobei ein 3m hoher Sockel aus Mauerwerk für den Aufprallschutz von einparkenden Lastwagen sorgt. Mit einer Fläche von 4400m2 und Baukosten um die 5,8 Millionen Pfund hatte niemand zuvor ein Gebäude mit Hanfkalk in der Dimension umgesetzt.
Das Bier- und Weinlager erfordert eine gleichbleibend kühle Temperatur und ein durchgängig stabiles Raumklima. Umgesetzt wurde 2006 das Gebäude ohne kostspielige automatische Klimatisierung mit deutlichen Einsparungen in den Energiekosten und zusätzlicher Nutzfläche, die sonst für Klimageräte benötigt worden wäre. Die thermischen und hygroskopischen Eigenschaften der Hanfkalk-Wände mit einem U-Wert von 0.18 W/m2K tragen zu einer ganzjährigen, stabilen Raumtemperatur von 12-14°C und einer gleichbleibenden Innenraumfeuchte bei.
Apartmenthaus, Grezzena, Italien
Zum Zeitpunkt meines Besuches der Baustelle 2016 waren die Arbeiten am Wohnhaus mit 10 geplanten Apartments noch im vollen Gange. Die Tragstruktur des Gebäudes ist aus Stahl. Die Wände der Gebäudehülle bestehen aus einer Hanfkalk-Mischung mit geringer Dichte (220kg/m3), die auf eine innenseitige verlorene Schalung aus Hochlochziegeln aufgesprüht wurde. Außen schließt sie mit einer 2cm dicken Kalkputzschicht ab. An der Unterkostruktion aus Holz wurden die vorgefertigten Fensterlaibungen befestigt, die auch die Dämmstärke von etwa 300mm vorgeben.
Equilibrium-Bioedilizia als Hanfkalk-Hersteller und ausführende Firma stieg bereits früh in die Planung des Gebäudes ein. Damit kann sie bei dieser effizienten aber auch komplexen Sprühtechnik, Architekten und Bauherren bei technischen und bauphysikalischen Fragen, bei der Kalkulation von Zeit und Kosten beratend begleiten und gleichzeitig die Kontrolle über die Baustellenabläufe und Ausführungsqualität erhöhen. Auf den laufenden Baustellen finden auch Schulungen für Architekten statt.